Woraus besteht Jagdverhalten
Die Sequenz einer Jagd lässt sich in verschiedene Teile zerlegen. Jeder Teil trägt seinen Anteil am Gesamtverhalten.
Es beginnt mit Aufspüren jagdbarer Reize, dem Orten, Fixieren und Anpirschen an diese Reize. Der Geruchs- und Sehsinn ist dafür besonders ausgeprägt.
Es folgt oft das Umkreisen und/oder Hetzen der Beute. Viele Hunderassen sind sehr gute Hetzer und haben in der Regel schon eine schnellere Grundgeschwindigkeit als wir Menschen.
Das Wild wird dann gestellt und gepackt. Im nächsten Schritt geht es darum, die Beute zu töten durch Aufreißen und Schütteln und letztendlich zu fressen.
Unterschiede bei unseren Hunden
Grundsätzlich ist jeder Hund ein Jäger und trägt die entsprechenden Gene in sich. Die Ausprägung ist aber sehr verschieden. Während viele Rassen auf entsprechende oder ähnliche Reize noch reagieren und sie verfolgen, können glücklicherweise viele Hunde nichts mehr mit der Beute anfangen und gehen nichts ins Packen und Töten über. Trotzdem kann das Hetzen von Wild zu dessen Tod führen!
Es gibt Rassen bei denen das Hetzen stärker ausgeprägt ist als das Spuren verfolgen und das Anzeigen wiederum stärker selektiert ist als das Hetzen.
Glücklicherweise zeigen viele Hunderassen auch kaum mehr problematisches Jagdverhalten oder es ist gut lenkbar. Die Ausprägung ist abhängig von der Genetik und den Umweltbedingungen. Ein Stöberhund, der am Waldrand aufwächst ist von Beginn an vielen Reizen ausgesetzt, die sein Jagdverhalten triggern und deshalb schulen.
Eine dennoch häufige auftretende Ursache für Jagdverhalten beim Hund ist Übersprungsverhalten oder reine Langeweile. Jagen ist selbstbelohnend und kann daher mangels Alternativen aus dem Nichts heraus entstehen. Aber auch in Stresssituationen greifen Hunde auf ein Verhaltensrepertoire zurück, welches mit der Situation nichts zu tun hat. So kann ein Hund, der sich in einer Gruppe gestresst fühlt plötzlich Jagdverhalten zeigen.
Jagdverhalten verstehen
Um mit dem Jagdverhalten des eigenen Hundes zurechtzukommen, ist es wichtig zu wissen, was er genau zeigt und woher es kommt. Zu hoffen, dass ein Jagdgebrauchshund kein Jagdverhalten entwickeln wird, ist nicht hilfreich.
Ein Hütehund, der kein Hüteverhalten (=Jagdverhalten) zeigt, ist eher selten.
Ein Stöberhund, der seine Nase nicht benutzt ebenso.
Kennt man die Hunderasse, weiß man, was einen erwartet und kann im Vorausplanen. Auch andere problematische Verhaltensweisen können ihre Ursache im Jagdverhalten haben. Wenn der Hund Joggern hinterherrennt oder Bälle fängt, gehört das ins Jagdverhaltensrepertoire.
Jagdverhalten hat nichts mit Aggression zu tun. Der Hund empfindet keine negative Emotion der Beute gegenüber. Deshalb ist es wichtig von Aggressionsverhalten abzugrenzen. Hunde mit fehlgeleitetem Jagdverhalten gegenüber Kindern oder anderen Hunden können aus diesem Grund gefährlicher sein als wenn die Ursache Angst und/oder eine negative Emotion ist. Bei letztem gehört Kommunikation dazu. Beim Jagen geht es schlussendlich ums emotionslose Töten.
Jagdverhalten kontrollieren
Gibt es also im Alltag mit Hund Probleme, die mit dem Jagen zu tun haben, muss etwas getan werden.
1. Ursachen finden
Zuerst geht es darum herumauszufinden, warum der Hund jagt. Liegt es an der Genetik und den Möglichkeiten? Ist es Langeweile oder Stressübersprung oder ein übersteigertes Beutefangverhalten?
2. Management
Je länger und intensiver der Hund das Verhalten zeigt, desto besser wird es werden und desto häufiger auftreten. Zuerst muss also verhindert werden, dass der Hund weiterhin jagen kann.
3. Training
Können die Ursachen nicht so einfach abgestellt werden, muss trainiert werden. Im besten Fall beugt man schon beim Welpen vor und lenkt das zu erwartende Jagdverhalten gleich in eine kontrollierbare Richtung.
Ist es dazu zu spät, muss am vorhandenen Verhalten trainiert werden. Hierzu gehören de Orientierung am Menschen, die Impulskontrolle, das Radiustraining, das Erlernen von Signalen auf Distanz, das Training unter größtmöglicher Ablenkung. Was wie trainiert werden muss, hängt von den individuellen Hunden ab.
4. Beschäftigung
Neben dem Training ist es wichtig, dem Hund eine Aufgabe zu ermöglichen, die ihm wichtig ist. Fällt etwas, was er gern tut weg, ergibt sich eine Lücke, die er füllen wird. Damit das nicht mit einem neuen problematischen Verhalten geschieht, wählt man etwas, was allen Beteiligten Freude bereitet. Am besten ein Hobby, dass der Art des Jagdverhalten ähnlich ist.
Das Können anerkennen
Grundsätzlich gilt: Hunde sind Beutegreifer. Sie können Jagdverhalten entwickeln. Die Natur des Hundes zu respektieren ist Grundlage für ein erfolgreiches Training. Sie kann sogar die Voraussetzung dafür sein, ein neues gemeinsames Hobby zu finden, bei dem der Hund um Welten besser ist als der Menschen.
Gegen das Jagdverhalten kann man nicht ankämpfen. Das Ziel muss es sein, den Hund dazu zu bringen mit dem Menschen zu arbeiten. Genau dafür wurde er auch gezüchtet. Als soziales Lebewesen ist das auch das Ziel der meisten Hunde: die Anerkennung ihrer Menschen und die gemeinsame Arbeit. Findet also etwas, was euch gemeinsam Freude bereitet und bei dem die Fähigkeiten aller Beteiligten gefragt sind. Dafür muss man sich aufeinander einlassen und offen sein für neues denken!
Jgdverhalten im Hundekongress
Über das Jagdverhalten und dessen Kontrolle habe ich im 4. Kongress mit Anja Fiedler gesprochen.
Im ersten Kongress war Anke Lehne meine Interviewpartnerin und im Stay@Home Kongress hat Pia Gröning mir Rede und Antwort gestanden.